Christian Ranneberg erinnert sich:
Adrian und Marcos lernte ich in einer Sommernacht 2004 kennen. Ich war auf dem Weg zu meiner Stammkneipe in Berlin-Kreuzberg, dem Vollmond, um an der wöchentlichen Dienstags-Blues-Session teilzunehmen. Als ich näher kam, hörte ich ungewohnte Klänge. Je mehr ich hörte, desto aufgeregter wurde ich. Dieser satte Harmonikaklang und diese schlanke, funky Bluesgitarre plus eine Stimme, so voll mit Seele, dass es fast weh tat! Ich traute meinen Augen nicht, als ich diese zwei jungen Typen sah, die ich nie vorher gesehen hatte. Sie spielten und sangen mit der Autoriät von doppelt so alten Männern. Ich setzte mich ans Klavier und wir legten sofort los. Lange Musiknächte, Gespräche und Erfrischungen folgten und wir verstanden uns immer besser. Ich hatte gerade eine CD mit dem legendären Klavierspieler Ernest Lane, der mit Robert Nighthawk und Ike Turner aufgenommen hatte, produziert (mein erster Versuch in diesem Metier), und Marcos und Adrian fragten mich, ob ich ihre nächste CD produzieren würde. Ich war erst nicht sicher. Ich fühlte mich natürlich geehrt, dass sie mich fragten, aber mit dem bisschen Erfahrung, die ich als Produzent hatte, wusste ich nicht so genau, wo und wie ich beginnen sollte.
Alles änderte sich schlagartig, als wir zusammen im Herbst 2005 in Spanien tourten. Wir brauchten einen guten Schlagzeuger, also nahmen wir meinen Freund Andre ("Werki") Werkmeister von der Band des amerikanischen Harmonikaspielers Doug Jay and the Blue Jays mit. Die Zusammenstellung funkte sofort und plötzlich nahm die Aufnahme in meinem Kopf Form an. Zuerst brauchten wir einen guten, funky Bassisten. Kevin Duvernay und ich hatten in den zwei letzen Jahrzehnten oft zusammengearbeitet, als Begleitung von Big Jay McNeely, Johnny Copeland, Angela Brown, Frank Biner und vielen anderen. Außerdem war er Mitglied meiner eigenen "First Class Blues Band", also war Kevin natürliche Wahl. Mit ihm war die Rhythmusgruppe komplett, wir brauchten nicht mehr ...
Obwohl, was war mit den Bläsern? Johnny Heartsman hatte mir ein paar Jahre zuvor von "Sax" Gordon Beadle (Charles Brown, Pee Wee Crayton...) erzählt und außerdem hatte ich mit ihm vor gar nicht so langer Zeit Doug Jay's Album "Jackpot" eingespielt. Er war zufällig gerade in Deutschland, zur gleichen Zeit, zu der ein wirklich legendärer Meister am Tenorsaxophon auf einer Tournee im Land war. Der Mann, der alle Solos auf Fats Domino´s Platten bläst, der mit James Brown gespielt hat, mit Tom Waits... Herb Hardesty; der jüngste Einundachtzigjäjhrige, den ich jemals getroffen habe. Er gab Markus (unserem Techniker) Tips, wie er seine Aufnahmeaufrüstung aufmöbeln konnte! Mit Thomas Feldmann, auch ein Mitglied der Fist Class Blues Band, am Bariton-Saxophon hatten wir die sattesten Bläser auf dieser Seite des Mississippi. Sidney "Guitar Crusher" Selby, der charaktervoller Sänger auf der ersten Aufnahme der britischen Bluesband "Ten Years After" war, und der viele Scheiben unter seinem eigenen Namen aufgenommen hat, hatte hin und wieder in Berlin gelebt, seit er 1982 aus New York City entkommen war. Als sie ihn das erste Mal singen hörten, verliebten sich Marcos und Adrian auf der Stelle in die Stimme und das Feeling war gegenseitig, also war er ebenfalls erste Wahl für die Aufnahme.
Ich unternahm einige logistische Anstrengungen, um all diese Leute zusammenzubringen, und ohne die Hilfe von Willie Jackson und Marvin Productions hätte es nicht geklappt. Mein Freund Keith Dunn war auch da, half bei der Produktion mit Ratschlägen, wann immer er konnte und spielte seine wundervolle Harmonika im Duett mit Marcos. Tausend Dank, Keith! Die Session selbst war eine der entspanntesten Sachen, die ich je im Studio erlebt habe. Viele von diesen Tracks waren "first takes", und keine Overdubs bei den Bläsern! Es war einfach nicht nötig, mit Musikern von diesem Kaliber! Wir hätten es "Three Generations of Blues" nennen können, mit Crusher und Herb über 70, Gordon, Thomas, Keith und ich zwischen 40 und 50 und Adrian, Marcos, sowie Werki und Jimmy (von der Doug Jay Band) unter 30. Das Ergebnis war so vielseitig wie die Herkunft der beteiligten Musiker und dabei gleichzeitig von entspannter Selbstverständlichkeit. Es ist ein Genuss, Marcos und Adrian, zwei der vielversprechendsten Musiker, die ich kenne, zuzuhören. Glaubt mir, sie haben wirklich eine große Zukunft vor sich!